Projektentwicklung
Das Programm der Kulturhauptstadt Linz wurde aus mehreren Quellen gespeist. Zum einen waren da jene Programmelemente, die von Linz09 selbst erfunden, entwickelt und – entweder allein oder in Zusammenarbeit mit Partnern – realisiert wurden. Dazu kamen, zum Zweiten, all jene Ideen, die der Intendanz unaufgefordert zugetragen wurden – von einzelnen KünstlerInnen, von Gruppierungen der so genannten Freien Szene, von Kulturinitiativen oder Vereinen, aber auch von Laien, die der Kulturhauptstadt ihre guten Ideen und kreativen Programmvorschläge übermittelten. Zum Dritten wurden für bestimmte Themen und Inhalte bzw. deren möglichst stimmige und attraktive Umsetzung gezielt kompetente AutorInnen gesucht. Und zum Vierten schließlich entstanden zahlreiche Programmelemente aus dieser Gemengelage, deren eigentliche Urheberschaft im Nachhinein nur mehr bedingt zu ermitteln ist.Eine programmatische Mischung sollte entstehen, die bewusst nicht die (von außen oft eingeforderten!) tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Blockbuster forcierte, sondern eher auf Überraschung setzte durch spezifische sich an vielen und ungewöhnlichen Orten des Stadtganzen manifestierenden Angebote und Interventionen. Es bestand weitgehend Konsens darüber, dass sich Linz09 wesentlich auf Zeitgenössisches konzentrieren müsse, um die Qualitäten der noch weitgehend unverbrauchten „Stadt der Ermöglichung“ – so der Anspruch einer immer wieder seitens der Politik ins Spiel gebrachten Selbstcharakterisierung – in Differenz zu den traditionsbewussten, klassisch orientierten, aber bereits etwas angestaubten Kulturzentren Salzburg und Wien zu positionieren. Weitere wesentliche Momente in der Umsetzung der Ausgangsprinzipien ergaben sich durch die intensive Zusammenarbeit mit Linz Kultur und den touristischen Organisationen in Stadt und Land. Um der kulturtouristischen Verführungskraft des Programms die notwendige Basis zu geben, 365 des Kulturhauptstadtjahres hinweg als sinnvoll. Der Zugang zu den Veranstaltungen sollte so leicht als möglich gemacht werden. Dafür war das Bemühen, die Bedürfnisse des Publikums von Anfang an mitzudenken, ebenso maßgeblich wie die vielen expliziten Vermittlungsformen, die günstige, kundenfreundliche Preispolitik oder die ungewöhnlichen und niederschwellig zugänglichen Veranstaltungsorte.
Schließlich berücksichtigte die Programmgestaltung auch weit stärker als anfangs vorhersehbar ein Charakteristikum des bisherigen Linzer Kulturlebens: Kunst und Kultur im öffentlichen Raum der Stadt. Nahezu alle klassischen Sparten (Musik, Darstellende Kunst, Literatur, Bildende Kunst), aber auch die angrenzenden Felder (Geschichte, Stadtteilkultur, Migration, Ökologie, Sport) nutzten intensiv den öffentlichen Raum der Innenstadt wie auch der Stadtteile und besetzten damit weit sichtbar und spürbar den Aktionsraum der Linzer Bevölkerung und der Gäste.
Organisation
Organisatorisch war die Programmgestaltung von Linz09 drei großen Abteilungen überantwortet: Projekte (Leitung: Ulrich Fuchs, in Zusammenarbeit mit Martin Heller), Musik (Leitung: Peter Androsch) und Darstellende Kunst (Leitung: Airan Berg). Die künstlerisch-inhaltliche Gesamtverantwortung lag bei Martin Heller als Intendant von Linz09. Der Bereich Projekte umfasste alle Programme, die außerhalb der Bereiche Musik und Darstellende Kunst fixiert wurden, also die klassischen Sparten Bildende Kunst, Medien, Literatur, Stadtteilprojekte, Migrations- und Genderprojekte, zeitgeschichtliche Projekte, Bildung, Wissenschaft etc.Projekteinreichungen
Eine besondere Herausforderung bildete der Umgang mit den von außen eingereichten Projekten. Diese Eingaben konnten völlig unbürokratisch erfolgen und waren – um eine breite Beteiligung zu ermöglichen – bewusst keinen formalen Regeln unterworfen. In internen Meetings wurden die eingereichten Projekte diskutiert und Entscheidungen hinsichtlich des weiteren Vorgehens getroffen. Bei positiv beurteilten Projekten wurde als Nächstes ein ausführlicheres Konzeptpapier gefordert. Vermochte auch dieses zu überzeugen, dann beauftragte Linz09 die AutorInnen mit einem so genannten Vorprojekt, einer bezahlten Machbarkeitsstudie.Insgesamt wurden in den Jahren 2006 bis 2008 147 Vorprojekte in Auftrag gegeben. Dieses Vorgehen ermöglichte frühzeitig eine willkommene Klärung diverser Unwägbarkeiten. Zugleich war es auch als Förderung der beteiligten Kulturszene angelegt, die anderorts in der Regel gezwungen ist, Konzepte und Studien dieser Art unentgeltlich zu erstellen.
Trotz aller Sorgfalt bei der Programmplanung ließen sich in einzelfällen Absagen bereits veröffentlichter Programmpunkte nicht vermeiden. Aus sehr unterschiedlichen, von der künstlerischen Leitung gegenüber dem Aufsichtsrat und der Öffentlichkeit ausführlich dargelegten Gründen (wie z. B. produktionstechnischer Natur oder finanzielle Probleme von PartnerInnen) konnten einige wenige Projekte nicht realisiert werden.
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