Linz liest Vilnius
The English version will be posted shortly.
Tage der litauischen Literatur
3. und 5. März 2009
Im Mittelpunkt des ersten Abends steht der international bekannte litauische Lyriker und Essayist Tomas Venclova mit seinem Vilnius-Buch, einem Streifzug durch die jahrhundertlange Geschichte der multikulturelle Stadt Vilnius. Seine beziehungsreichen Gedichte reflektieren seit einem halben Jahrhundert die litauische Landschaft, die Erfahrungen des Totalitarismus, die Rückkehr des Dissidenten in die alte Heimat sowie vielschichtige Bilder der Gegenwart.
Ebenfalls am ersten Abend wird die Fotoausstellung von Arūnas Baltėnas eröffnet. Seine Bilder ermöglichen einen ganz besonderen Blick auf die Altstadt von Vilnius, die in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurde.
Am zweiten Abend werden eine Schriftstellerin und ein Schriftsteller der jüngeren Generation Litauens in Lesung und Gespräch präsentiert. Dabei wird über die Literatur hinaus auch etwas von der Weltsicht der Autoren und der Kultur des Landes sichtbar werden.
Den Abenden geht ein „Vorprogramm“ mit dem Übersetzer Cornelius Hell voraus:
am ersten Tag eine multimediale Einführung in die litauische Literatur, Sprache und Kultur mit Präsentation der Ausgabe der Literaturzeitschrift „Rampe“, die ganz der zeitgenössischen litauischen Literatur gewidmet sein wird. Am dritten Tag ein Porträt der Stadt Vilnius als multikultureller Schnittpunkt vieler Literaturen – mit Vorstellung der Bücher „Europa erlesen: Vilnius“ (Wieser Verlag) und des Vilnius-Bandes der „Lesereisen“ im Picus Verlag.
Mit Musik und Kulinarischem soll auch zwischen und nach den Veranstaltungen ein Stück Alltags- und Lebenskultur Litauens erlebbar gemacht werden.
Zu dem Projekt „Linz liest Vilnius“ wird eine Sondernummer der Literaturzeitschrift „Die Rampe“ mit zeitgenössischer Literatur aus Litauen erscheinen.
Ort // StifterHaus
Idee/Konzept // Cornelius Hell
Mitwirkende // Tomas Venclova, New Haven, Vilnius; Laurynas Katkus, Vilnius; Walter Pilar, Linz; Arūnas Baltėnas, Vilnius; Cornelius Hell, Wien
Tomas Venclova, geboren 1937 in Klaipėda (Memel), war 1976 Mitbegründer des litauischen Helsinki-Komitees und wurde von der Sowjetunion zwangsweise ausgebürgert, nachdem er eine Einladung in die USA angenommen hatte. Er ist heute Professor für slawische Literaturen an der Universität Yale. Venclova war eng mit den beiden Literaturnobelpreisträgern Joseph Brodsky und Czesław Miłosz befreundet, seine herausragende Lyrik wurde in viele Sprache übersetzt.
Auf Deutsch liegen zwei Bücher von Tomas Venclova vor: VILNIUS. Eine Stadt in Europa. Aus dem Litauischen von Claudia Sinnig. Mit Fotografien von Arūnas Baltėnas. edition suhrkamp 2006. GESPRÄCH IM WINTER. Gedichte. Aus dem Litauischen von Claudia Sinnig und Durs Grünbein. Mit einem Nachwort von Durs Grünbein. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2007.
Arūnas Baltėnas, geboren 1956 in Kaunas, studierte an der Universität Vilnius und arbeitete 1984-1994 an einem Projekt zum kulturellen Erbe Litauens. Seine Schwarz-weiß-Fotografien der Altstadt von Vilnius wurden 1998 in Polen und den USA ausgestellt; das Litauische Nationalmuseum in Vilnius und die Französische Nationalbibliothek in Paris haben Sammlungen dieser Bilder angekauft. Viele seiner Fotos finden sich in privaten Sammlungen u. a. in Polen, Deutschland, Frankreich, den USA, Schweden, Russland und Großbritannien. Zahlreiche Bildbänden dokumentieren sein fotografisches Werk.
Im Jahr 2000 organisierte Baltėnas in der Huan Shi Cheng Gallerie in Bejing die Ausstellung „Das Alte Vilnius“; 2002 wurde eine große Sammlung seiner Schwarz-weiß-Fotografien in der Anderson Gallery in Modesto, Kalifornien, ausgestellt. 2003 war seine Ausstellung „Sehnsucht nach der Stadt“ in Vilnius zu sehen, 2004 „Die Signaturen Europas“ im litauischen Ostsee-Kurort Palanga. Die Fotos von Arūnas Baltėnas setzen sich immer wieder mit Städten auseinander, vor allem mit Vilnius, St. Petersburg, Venedig und Salzburg.
Giedra Radvilavičiūtė, geboren 1960 in Panevėys, beendete 1983 das Studium der Lituanistik an der Universität Vilnius und war als Lehrerin am Land tätig. 1986 übersiedelte sie nach Vilnius und arbeitete lange Zeit in verschiedenen Redaktionen. 1994-1997 lebte sie mit ihrer Familie in Chicago.
Als Autorin von Erzählungen debütierte sie 1985, ihr wirklicher Eintritt in die litauische Literatur begann jedoch 1999, als sie Essays in der Kulturpresse zu veröffentlichen begann. 2003 erschien G. Radvilavičiūtės eigene Essaysammlung “Geplante Augenblicke”. Die Autorin sieht die Welt mit Skepsis, schwarzer Selbstironie und Liebe zu den Menschen; Zufälligkeiten und Kleinigkeiten bekommen in ihren Texten eine existenzielle Bedeutung. Sie gilt als eine der aussichtsreichsten Schriftstellerinnen der zeitgenössischen litauischen Literatur und als Verkünderin eines neuen Bewusstseins der Frauen.
Sigitas Parulskis, Lyriker, Romancier, Essayist und Dramatiker, geboren 1965 in Obeliai, Litauen, lebt in Vilnius. Studium der litauischen Sprache und Literatur an der Universität Vilnius. Er publizierte mehrere Gedichtbände, zwei Essaysammlungen, zwei Romane sowie Theaterstücke. Sein erster Roman „Drei Sekunden Himmel“, in dem er seine Erfahrungen als Angehöriger einer sowjetischen Fallschirmjägereinheit in der ehemaligen DDR verarbeitet hat, wurde 2002 vom litauischen Schriftstellerverband zum besten Buch des Jahres gekürt; 2004 erhielt Parulskis den Litauischen Nationalpreis für Literatur. Als Dramatiker arbeitet er hauptsächlich mit dem international bekannten litauischen Regisseur Orkaras Koršunovas zusammen. Auf deutsch sind Gedichte in den Literaturzeitschriften „Akzente“ und „Wespennest“ sowie in Anthologien und auf www.lyrikline.org erschienen; die Nr. 11/2007 der Literaturzeitschrift „Krachkultur“ hat Parulskis einen Schwerpunkt gewidmet. Außerdem hat er einen Essay für den von Martin Pollack 2005 herausgegebenen Sammelband „Sarmatische Landschaften“ verfasst. 2005 war Parulskis in der Reihe „Kleine Sprachen – große Literaturen“ auf der Leipziger Buchmesse zu Gast, 2007 wurde er zum Internationalen Literaturfestival Berlin eingeladen.
Cornelius Hell, geboren 1956 in Salzburg, Feuilleton-Chef der Wochenzeitung „Die Furche“, Literaturkritiker und Essayist, Autor von über 150 Sendungen für den ORF und den Bayerischen Rundfunk, lebt in Wien. 2007 erschien der Essayband „Lesen ist Leben“ (Wieser Verlag). 1984-86 Lektor für Germanistik an der Universität Vilnius; zahlreiche Übersetzungen aus dem Litauischen, Herausgeber der Anthologie litauischer Erzählungen „Meldung über Gespenster“ (Otto Müller Verlag 2002); in Vorbereitung für 2009: „Europa erlesen – Vilnius“ (Wieser Verlag), ein Vilnius-Band in den „Lesereisen“ des Picus Verlages sowie ein Heft der Literaturzeitschrift „Die Rampe“ mit zeitgenössischer litauischer Literatur.