Wo? Wenn nicht alle da!
Dies war das Festival eines echten Europäers.
Er taucht in allen Ländern auf, besitzt die Fähigkeit, regionale Eigenheiten so aufzunehmen, dass alle sagen „der ist einer von uns“, aber eigentlich ist er ein weit gereister Gaukler mit Wurzeln, die sich durch ganz Europa und darüber hinaus verzweigen. Sein Name: Kasperl (AT), Kasper (DE), Mr. Punch (UK), Pulcinella (IT), Vitéz Lázló (HU), Guignol (FR), Don Cristobal (ES) usw.
Dieser um sich schlagende Theaterberserker hat eine jahrhundertelange Tradition. Weil aber lange Traditionen die Tendenz haben, ehrwürdig, steif und ungelenk zu werden, beauftragte Linz09 die vier Gruppen maschek (AT), Guyla Molnàr (HU, IT), Hans-Jochen Menzel (DE) und Neville Tranter (AU, NL), ein Kasperltheater extra für die Kulturhauptstadt zu entwerfen. Sozusagen mit der Absicht, einen alten Prügel zu testen, ob er noch was taugt, ob man mit ihm noch austeilen kann oder ob er schon zu morsch dafür ist.
Diese vier Produktionen waren das Herzstück des Festivals. Dazu kam eine feine Auswahl an Stücken, die allesamt die faszinierende Tradition des Genres aufnahmen und sie mit ihren ganz eigenen frechen, poetischen, infrage stellenden, zeitgenössischen Spielweisen verbanden.
Knapp 2.000 ZuschauerInnen konnten sich für die lustigen, skurilen und teilweise morbiden Stücke dieses wandlungsfähigen Theater-Urgesteins begeistern.
WAS // Theaterfestival
WANN // 11. – 21. November 2009
WO // Hafenhalle09
Download:
Programmfolder (PDF)Gyula Molnàr (HU/IT): KASPERLS WURZELN
Kasperls Großmutter ist tot. Kasperl ist untröstlich, verliert den Appetit und will auch sterben. Er geht in die Unterwelt, um seine Großmutter zurückzuholen, damit sie ihm wieder Kuchen backt, doch am Eingang des Orkus versperrt der Tod ihm den Weg. Kein Lebendiger darf hinein. Sie prügeln sich, Kasperl stirbt endlich und darf eintreten. Im Totenreich findet er seine Großmutter, aber sie will nicht zurück an den Herd. Kasperl haut ihr mit der Keule auf den Kopf, wirft sie sich über die Schulter und macht sich auf den Weg. Kasperl weiß nicht, dass der Rückweg gefährlich ist: Man darf nie zurücksehen, sonst erstarrt man zu einer Säule aus Salz oder Stein oder Marmor, oder… jedenfalls zu etwas sehr Festem. Natürlich dreht sich Kasperl um, erstarrt, schlägt Wurzeln und verwandelt sich in einen Baumstumpf. Die Großmutter erwacht, sieht das Unglück und vergießt bitterliche Tränen. Doch der Tod tröstet sie.
Gyula Molnàr, mittelgroßer Mitteleuropäer, 1950 in Budapest geboren, lebt seit 1976 als Autor, Schauspieler, Regisseur und bisweilen auch als Bühnenbildner und Zeichner vom, im und mit dem Theater.
Regie// Francesca Bettini, Gyula Molnàr
Text// Ensemble
Ausstattung// Ensemble
Licht// Werner Wallner
Spiel// Gyula Molnàr, Alexandra Kaufmann, Eva Kaufmann
Ein Auftragswerk von Linz09 in Koproduktion mit FIDENA Bochum. Mit Unterstützung des Fonds Darstellende Künste.
WANN // Uraufführung am 14. Nov 09, weitere Vorstellung am 15. Nov
WO // Hafenhalle09, 19.30 Uhr
Kategorie: Festival/Fest, Theater
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