Programm Darstellende Kunst
Die Prinzipien für die Programmgestaltung der Darstellenden Kunst waren bestimmt durch den Wunsch nach Internationalität, durch hohe Kooperationsbereitschaft mit lokalen Institutionen und der freien Theaterszene, durch die Einbindung der Bevölkerung, die Bespielung des öffentlichen Raumes, die Vergabe von Auftragswerken, durch Eigenproduktionen und Koproduktionen sowie die Erprobung verschiedener Festival-Formate.Hinsichtlich Internationalität war die Darstellende Kunst schon während der Vorbereitungszeit bemüht, zahlreichen namhaften internationalen TheatermacherInnen das Kennenlernen der Stadt im Rahmen von Residencies zu ermöglichen, damit sie einzigartige Produktionen kreieren konnten. Der Blick von außen auf die Stadt und ihren Alltag war prädestiniert dafür, neue Sichtweisen zu eröffnen, die für das Publikum zu spannenden Erfahrungen werden könnten. Als internationale KünstlerInnen zu nennen sind hier beispielsweise Arjun Raina (Indien) mit ECDYSIS, Luk Perceval (Belgien) mit DIE VERBORGENE STADT oder Roman Paska (USA) mit SCHULJUNGENSPIEL. Linz09 beteiligte sich auch an zahlreichen internationalen Koproduktionen wie z.B. MENTAL FINLAND von Kristian Smeds (Finnland), BOLLYWOOD BANDWAGON von Anurupa Roy (Indien) und EMPIRE von Superamas (Frankreich/Österreich). Diese werden weiterhin auf internationalen Festivals gezeigt.
Die Kooperation mit „Local Players“ war von Beginn an zentral. Der größte Partner vor Ort war das Landestheater Linz. Drei Kooperationen und vier Koproduktionen wurden mit dem Ensemble realisiert. Auch in dieser Zusammenarbeit prägten sowohl Linz als auch Internationalität die Auswahl der Projekte bzw. der Leading Teams. Ong Keng Sen, Betty Shamieh, Peter Missotten, Martina Winkel, Li Liu Yi und Matthias Langhoff überraschten mit ihrer Arbeitsweise und forderten sowohl das Ensemble wie auch das Publikum des Landestheaters. Eine neue Ästhetik war zu sehen und ein großes Publikum für eine ungewohnte Theatersprache gewonnen.
Mit dem Bruckner Orchester konnte die Eröffnungsproduktion in der Hafenhalle09 realisiert werden: DAS BUCH DER UNRUHE nach Fernando Pessoa, mit Klaus Maria Brandauer. Mit SICHT:WECHSEL wurde eine Reihe von Kooperationen realisiert. Linz09 war es wichtig, dieses junge Festival, dessen Schwerpunkt auf Theaterarbeit von Menschen mit Beeinträchtigungen liegt, mit seiner wichtigen und künstlerisch wertvollen Arbeit in den Kulturalltag und in den öffentlichen Raum zu integrieren. In der Zusammenarbeit mit SCHÄXPIR wurde der Schwerpunkt auf internationale Koproduktionen gelegt. Durch vier für Linz entwickelte Aufführungen konnte sich das Festival auch als Koproduzent und Auftraggeber international positionieren. Auf dem Spielplan im Theater des Kindes standen drei Linz09-Koproduktionen. PLATZ FÜR DEN KÖNIG war eine internationale Kooperation mit der Schweizer Regisseurin Frauke Jacobi im Rahmen von EXTRA EUROPA. Zwei weiteren Auftragswerke spielten außerhalb des üblichen Theaterraums: MITTEN DURCHS BILD im Schlossmuseum und FRANZISKA JÄGERSTÄTTER ERZÄHLT im HAUS DER GESCHICHTEN. Das Schul- und Jugendtheaterfestival ZÜNDSTOFF wurde durch die Einladung von zwei außergewöhnlichen Produktionen erweitert. Junge Frauen aus dem Township Alexandra in Johannesburg / Südafrika bzw. Kinder und Jugendliche aus dem palästinensischen Flüchtlingslager Ayda in der Westbank präsentierten mit ihren Aufführungen authentische und emotionale Einblicke in ihr Alltagsleben. Neben Koproduktionen bzw. Auftragswerken mit lokalen TheatermacherInnen wie z. B. Theaternyx, Hubraum, Gerti Tröbinger, Gabriele Deutsch, Theater Hausruck, 1N0UT wurde die heimische Szene in Kooperation mit dem Posthof und den schon bestehenden Formaten HEIMSPIEL und TANZTAGELABOR gefördert. Zahlreiche TheatermacherInnen und KünstlerInnen aus der freien Szene waren auch bei den großen Projekten KLANGWOLKE und I LIKE TO MOVE IT MOVE IT involviert.
Drei wichtige Projekte stehen für die Bestrebungen im Bereich Partizipation. Die ACADEMY OF THE IMPOSSIBLE bot im Sommer 2008 und 2009 Workshops grundsätzlich für alle an, auch in Kindergärten und in der Justizanstalt Asten. FLUT, der erste Teil der KLANGWOLKE09, lebte von der Teilnahme der Bevölkerung. Über 1.000 Freiwillige aus Linz und der Region, unterstützt von StudentInnen der Kunstuniversität Linz, bauten ab Mai 2009 über 500 Tiere aus Polyethylen. I LIKE TO MOVE IT MOVE IT war eines der größten Projekte des Kulturhauptstadtjahres. Fast 100 Schulen aus ganz Oberösterreich nahmen Teil an dem Schul-Reform-Projekt, das versuchte, Kreativität und Bildung zu verbinden. 32 KünstlerInnen-Teams aus dem In- und Ausland arbeiteten mit über 2.000 SchülerInnen und 700 LehrerInnen während des Regelunterrichts.
In dem Zeitraum zwischen PFLASTERSPEKTAKEL, Ende Juli, und der KLANGWOLKE, Anfang September, fand das Sommertheaterfestival THEATERLUST2: SONNENBRAND statt. Die ganze Stadt als Bühne war das Motto, und so wurden neue ungewöhnliche Orte in der Stadt und der Region bespielt. Die Hauptspielstätte wurde unter der Autobahnbrücke am linken Donauufer installiert. Auch das Deck des neuen AEC wurde zum ersten Mal bespielt. In Theaterräume verwandelten sich auch die Beethovenstraße und der Freinberg, das Hausruckviertel und die Strecke der Buslinie 27, der Kinderspielplatz über den Limonistollen, der Botanische Garten, der Skateboardplatz in Urfahr, der Volksgarten und der Platz vor und im Lentos Kunstmuseum. Mit dem jährlich stattfindenden PFLASTERSPEKTAKEL realisierte Linz09 zwei Projekte: DAS UNBESCHRIEBENE BLATT von Luc Amoros sowie ein Stipendium für eine neue Produktion für das PFLASTERSPEKTAKEL 2010.
Zu den wichtigsten Eigenproduktionen zählten PURIMSPIL von David Maayan (Israel) im Cembran Keller, JOAN DARK und MARIA STUART der jungen österreichischen Regisseurin Aida Karic in der Hafenhalle09, das Tanzprojekt IMPOSSIBILITY OF A SOLO, DIE ANDERE SEITE in der Landesgalerie, vier Auftragswerke im Rahmen des Kasperlfestivals und zahlreiche Kooperationen mit der lokalen Szene.
Da es in Linz kein eigenständiges großes Theaterfestival gibt, hatte sich die Darstellende Kunst zum Ziel gesetzt, hier Maßstäbe zu setzen. THEATERLUST1: SCHNEESTURM sollte dem Linzer Publikum die neuesten Entwicklungen im zeitgenössischen Theater präsentieren. Das Programm bot eine Mischung aus neuen Produktionen und Gastspielen bewährter Produktionen. Das Festival mit seinen über 9.000 ZuschauerInnen legte den Grundstein für den Erfolg des gesamten Programms der Darstellenden Kunst; die Qualität der Aufführungen zog ein neues, aufgewecktes, kritisches, hungriges und neugieriges Publikum an. Das zweite Festival, THEATERLUST2: SONNENBRAND, das im öffentlichen Raum stattfand, erwies sich mit über 12.500 BesucherInnen als ein noch stärkerer Magnet. Drei weitere Festivals folgten: THEATERLUST2: SONNENBRAND, DOPPELGÄNGER und WO? WENN NICHT ALLE DA!.
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