Pressekonferenz 5. März 2007
Schaurausch - Kunst in 50 Schaufenstern
Pressekonferenz 5. März 2007, 12.30 Uhr, O.K Centrum für Gegenwartskunst/Großer Saal
Eine Ausstellung des O.K Centrum für Gegenwartskunst in Kooperation mit Linz 2009 – Kulturhauptstadt Europas und dem Linzer City Ring
11. Mai bis 2. Juni 2007
Kurator Paolo Bianchi
O.K-Direktor, Kurator Martin Sturm
Linz09-Intendant Martin Heller
Passage Linz-Geschäftsführer Werner Prödl
Vizebürgermeister Dr. Erich Watzl
2007 öffnet das O.K seinen Musentempel und erkundet mit seinen Künstlern und Künstlerinnen die Linzer City. 17 Jahre nach der Schaufensterausstellung, die anläßlich des Kunstprojektes LinzKunst – KunstLinz stattfand (Initiatoren: Peter Kraml u.a.), verwandelt sich die Landstraße, genauer der Abschnitt zwischen Hauptplatz und Casino, wieder in eine Kunstmeile. Rund 30 nationale und internationale Kunstschaffende bespielen 50 Schaufenster, Fassaden und Passagen mit ihren Ideen und Visionen. Außergewöhnliche Werke und Objekte, Installationen, Fotos und Videos bereichern den Stadtraum: Ein Schaulaufen der Gegenwartskunst.
Das erste Projekt von Linz09
Für Linz09 ist Schaurausch in doppeltem Sinne ein Anfang. „Zum einen können wir schon 2007 Appetit machen auf 2009 und der Kulturhauptstadt ein Gesicht geben. Zum anderen ist diese Ausstellung des O.K Centrum für Gegenwartskunst unsere erste kuratierte Kooperation mit einer wichtigen Kultureinrichtung vor Ort.“ erläutert Martin Heller.
Kunst in 50 Schaufenstern bildet den ersten Teil von „Kunst in die Stadt!!“. Diese Trilogie eröffnet Chancen für andere Betrachtung von Kunst und zeigt, wie sehr Kulturhauptstadt die Möglichkeit bietet, den gewohnten Lauf der Dinge zu verändern und neue Verknüpfungen auszuprobieren.
Denn Kunst findet nun plötzlich nicht nur auf dem eigenen Terrain statt, sondern begibt sich an ungewohnte Orte, in ein offenes Umfeld: In Schaufenstern setzt sie sich einer anderen, alltäglicheren Wahrnehmung aus als im Museum. Die UnternehmerInnen und MitarbeiterInnen der Geschäften werden zu KunstvermittlerInnen, die ihre Werke hüten und herzeigen.
Das künstlerische Konzept des O.K-Centrums, das 2007 die Schaufenster bespielt, 2008 die Keller und Stollen und schließlich 2009 die Dächer von Linz, zeichnet mit seiner Dramaturgie von unten nach oben – „Dem Himmel so nah!“ – jene Veränderungen nach, die im Kulturhauptstadtjahr ihren Höhepunkt erreichen.
Und schließlich trägt dieses Projekt auch die Hoffnung in sich, in der Industriestadt den Boden zu bereiten für einen leichten, spielerischen Umgang mit Kunst.
Die Ausstellung
Die präsentierte Schaufenster-Kunst ist 24 Stunden täglich, 7 Tage die Woche zugänglich, wobei das Tag- und Nachterleben seine ganz eigene Qualität haben wird. Eine Reihe von spektakulären Großprojekten an exponierten Geschäftsfassaden und in den zentralen Einkaufszentren bilden das Rückgrad der Ausstellung und sorgen für die notwendige Schärfung bzw. Irritation des Blickes. Dazwischen, wie auf einer Perlenschnur, liegen die einzelnen Schaurausch-Geschäfte. Insgesamt wurden über 20 Künstler und Künstlerinnen eingeladen, 50 Projekte zu realisieren. Die Ausstellung zeigt großteils Neuproduktionen, viele der KünstlerInnen erarbeiten eine spezielle Arbeit für Linz bzw. in Linz. Die Künstlerauswahl folgt der Richtlinie des O.K’s, einen Dialog zwischen dem regionalen Kunstschaffen und dem internationalen Kunstgeschehen zu etablieren.
Geht es beim Schaufenster als Werbefläche um den Kauf-Akt, steht bei der Schaufenster-Kunst der reine Schau-Akt im Vordergrund. Thematisch knüpfen viele Künstler bei der Konsumwelt an, beim Warencharakter der Dinge, die sie in ungewohnten Zusammenhängen, in neuen Kleidern und anderen Wertsystemen präsentieren. Auch das Schaufenster selbst, als architektonischer Raum, zwischen dem Innen und dem Außen, spielt eine tragende Rolle.
Für drei Wochen können die Stadtbesucher zu Flaneuren werden und den Rausch des Schauens erleben. Wir schicken die Bewohner, die Passanten, die Konsumenten und Touristen auf eine künstlerische Entdeckungsreise. „Schaurausch“ beinhaltet den Begriff Aura, der das Charisma eines Menschen, Ortes oder Kunstwerks bezeichnet. Wer sich zu den Schaufenstern begibt, lässt die Aura der Dinge entstehen.
Die Kooperationspartner
Gleiche Bedeutung wie die Ausstellung haben die Partnerschaften: 50 Geschäfte – vom Einzelhändler bis zum Einkaufszentrum – stellen drei Wochen lang ihre Auslagen der Kunst zur Verfügung. Ohne Schaufenster keine Schaufenster-Kunst. Die Auswahl erfolgt über zwei Ausstellungsmacher des O.K. Sie wird in einem intensiven Kommunikationsprozess mit den KünstlerInnen und jedem einzelnen Geschäftspartner vor Ort entwickelt. Ein spannender Grenzgang und Rollenwechsel findet statt: Geschäftsleute diskutieren mit den Kuratoren über den Unterschied zwischen zeitgenössischer Kunst und Werbung. Mehr noch: VerkäuferInnen werden zu KunstvermittlerInnen und Passanten verwandeln sich zu AusstellungsbesucherInnen. Ein nachhaltiger Prozess wird angeregt, der über die drei Wochen hinaus Wirkungskraft zeigen wird.
Die Wirtschaft
Für die Wirtschaft ist dieses Konzept ein Probelauf, sich hautnah im Kontext mit Kultur präsentieren zu können. Die Einbindung der Kaufleute der Innenstadt ermöglicht eine Kunst-Konsumation gewissermaßen im Vorbeigehen, die Lust auf mehr erweckt.
Für Kulturreferent Dr. Erich Watzl sind damit auch 3 wichtige kulturpolitische Anliegen erfüllt:
• Kultur und Wirtschaft werden auf gleicher Augenhöhe partnerschaftlich umgesetzt.
• Kunst und Kultur werden im öffentlichen Raum an einem für die Kulturvermittlung ungewöhnlichen Platz präsentiert. Dies eröffnet die Chance, dass Menschen mit Kunst in Berührung kommen.
• Die Kooperation einer wichtigen Landeskultureinrichtung (O.K), den Unternehmen in der Linzer Innenstadt und Linz09.
Das Publikum
Die Ausstellung „Schaurausch“ wird ein vielschichtiges Publikum aus Stadt und Region sowie aus dem In- und Ausland finden. Sie richtet sich aber auch an Schüler und Auszubildende (Volksschule, Mittelschulen, Kunsthochschulen, Universitäten), denn ein großes Anliegen der Ausstellung ist es, den Blick auf unsere Umwelt in einer Art Sehschule zu schärfen.
Die Publikation
Im Mai erscheint ein „Schaurausch-Ausstellungsführer“, der sowohl die einzelnen Kunstwerke als auch die Ausstellungsorte – d.h. die einzelnen Geschäfte – dokumentiert. Die Texte werden benutzerfreundlich nach einer eigens entwickelten 3-30-3-Methode aufbereitet: 3 Sekunden zum Einstieg, 30 Sekunden um Überblick zu gewinnen und 3 Minuten um sich zu vertiefen. Die einzelnen Schauplätze und Schaufenster der Kunst sind im Zustand vorher (ohne Kunst) abgedruckt, die Fotos der Kunstwerke werden nachgeliefert und können eingeklebt werden.
Die Kuratoren
„Eine Ausstellung zusammenstellen ist wie Shopping. Wir schreiben eine Wunschliste, überprüfen die Preise und beschaffen jene Dinge, die wir uns leisten können, um sie so zu platzieren, dass die beste Wirkung erzielt wird.“ Paolo Bianchi und Martin Sturm
Paolo Bianchi, geboren 1960, ist freier Ausstellungsmacher und Gastherausgeber der Zeitschrift „Kunstforum International“. Er lebt in Baden bei Zürich.
Martin Sturm, geboren 1957, ist Direktor des O.K Centrum für Gegenwartskunst OÖ Linz.
Die KünstlerInnen und Kunstprojekte
Die kuratorische Auswahl zielt auf eine Ausgewogenheit zwischen großen, spektakulären Projekten einerseits und subtilen Interventionen andererseits.
• Zu den Großprojekten der Ausstellung zählen Stefan Sagmeisters Arbeiten. Der in Vorarlberg geborene shooting star der internationalen Grafikerszene ist mit mehreren Werken vertreten: Zum einen verkleidet er die Fassade über dem Linzer Casino mit dem Schriftzug „Money does not make me happy“, zum anderen wird die gesamte Vorderseite der Parfümkette Douglas mit einer Notiz aus seinem Tagebuch belegt. Die eigenwillige Ästhetik seiner Blow Ups mit ihren Botschaften imitiert perfekte Werbesprache ohne Werbung zu sein.
• Die obsessive Verwendung von Büchern im Werk der spanischen Künstlerin Alicia Martín hat Methode. Aus einem der runden Lesefenster der Thalia-Buchhandlung ergießt sich ein zwölf Meter hoher Wasserfall des Wissens als ein gigantischer Strom aus Büchern. Der scheinbar respektlose Umgang mit dem einzelnen Buch und seinem konkreten Inhalt erfährt eine räumlich-dynamische Verdichtung als machtvoller Materialschwall.
Bei der Wahl der KünstlerInnen wurden neben internationalen Stars auch die regionale KünstlerInnenszene eingeladen, sich in den Schaufenstern zu präsentieren.
• Elfie Semotan ist beides: Die Grand Dame der internationalen Mode-Fotografie und Künstlerin aus der Region, nämlich eine gebürtige Vorchdorferin. Für die Schaurausch-Ausstellung lichtete sie nicht Models wie Claudia Schiffer ab, sondern ausgewählte Verkäuferinnen aus Linzer Geschäften. Diese Fotos werden in zweieinhalb Meter hohen Leuchtkästen in der leer stehenden Einkaufspassage unter dem Casino ausgestellt. Die Verkäuferinnen werden dabei nicht, so Semotan, als amateurhafte (Werbe-)Models abgelichtet, sondern als „urbane Menschen“.
• Die Klasse von Prof. Renate Herter - Bildhauerei_transmedialer Raum, Kunstuniversität Linz - ist mit sieben Projekten vertreten.
• Zu den interessantesten oberösterreichischen Künstlerinnen der jüngern Generation zählt Claudia Czimek, die aus wertlosen Dingen wieder etwas Wertvolles und sogar Einzigartiges macht, das sie wie in einer barocken Wunderkammer in neuem Glanz erstrahlen lässt. Bei ihr verkommt nichts in der Konsumwelt, alles besitzt einen Sammelwert. Als öffentliche Kunstfigur in der Auslage von C&A passt sie die unterschiedlichsten Alltagsprodukte ihren Vorstellungen und Fantasien an. Unter den Augen der Passanten erleben Gegenstände aus dem Müll eine materielle Auferstehung.
Demgegenüber ist der Installationskünstler und Bildhauer Martin Dickinger ein Vervielfältiger. Einer, der Gesehenes, Imaginiertes und Vorgefundenes in immenser Masse herstellt und anhäuft. Dadurch entsteht eine Parallelwelt aus Papiermaché, die mit der realen Welt der Waren Einiges gemeinsam hat, vor allem aber dagegen rebelliert.
Ausgangspunkt einer Reihe von Arbeiten ist die thematische Annährung an die Konsum- und Warenwelt.
• Hilde Kentane, eine in Basel lebende Belgierin, hat die moderne Wegwerfgesellschaft im Visier. Gesammelte Plastiktüten und Plastikverpackungen verarbeitet die Künstlerin zu dreidimensionalen Tierobjekten. Bunte, wohlgenährte Ratten oder fette Trüffelschweine werden zu skulpturalen Gebilden, die unserem lockeren, respektlosen Umgang mit der Warenwelt entsprechen.
• Laura Kikauka, selbst ernannte Techno-Nymphe und Profi-Hobbyistin häuft weggeworfene (einstmals hochmodische und geschätzte) Konsumgüter an, kombiniert sie, gibt ihnen neues Leben und lädt das Publikum dazu ein, den Humor und die Tragödie "gescheiterter Ambitionen" zu teilen. Die gebürtige Kanadierin lebt in Berlin; ihre Werke legen Absurditäten, Paradoxien und ironische Aspekte des Alltagslebens offen. Im Schaufenster des Stoffgeschäftes Baumgartner wird sie ihren „Laden“ einrichten.
• Im Werk „Fundos“ (Hintergründe) verwendet die brasilianische Künstlerin Lucia Koch Fotografien von Verpackungsmaterial, um räumliche Illusionen zu erzeugen. Die auf die Schaufenster aufgezogenen Digitaldrucke täuschen das Auge und seine Raumwahrnehmung. Wenn die Platzierung der Fotos die Größe der Auslagen hat, überlagern sich fotografischer und architektonischer Raum. Die Fassade von „Schachermayer“ nimmt die Besucher in sich auf. Es entsteht das Gefühl, den Schauraum auch physisch betreten zu können. Bei näherem Hinsehen hebt sich die Täuschung auf und erkennbar werden Kartonbehälter für Nahrungsmittel wie Teigwaren, Orangensaft oder Milch.
Schaurausch-Aktionstag
Freitag 11. Mai 2007, ab 18.30 Uhr
Gleichzeitig mit der LINZER EINKAUFSNACHT erwarten die StadtbesucherInnen künstlerische Aktionen und Performances in den Schaufenstern.
Um 19.00 Uhr findet das Schaurausch-Konzert statt, für das sich die Performerin und Komponistin Elisabeth Schimana auf akustische Feldforschung durch die Linzer Passagen und Einkaufsstrassen begeben hat. In der Ursulinenkirche präsentiert sie ihre Tempelmusik in einer Live-Performance.
Künstlerinnen und Künstler
Claudia Czimek (AT)
Martin Dickinger (AT)
Peng Hung-Chih (Taiwan)
Simone Eberli /Andrea Mantel (CH)
Eoos (AT)
Sylvie Fleury (CH)
Susy Gómez (ES)
Alfred Haberpointner (AT)
Hilde Kentane (BE/CH)
Laura Kikauka (CA)
Lucia Koch (BR)
Lena Lapschina (AT)
Michael Lin (Taiwan/FR)
Alicia Martín (ES)
Andrea Pesendorfer (AT)
Ella Raidel (AT)
Stefan Sagmeister (AT/US)
Elfie Semotan (AT/US)
Christoph Steinbrener / Rainer Dempf (AT)
Marion Strunk (CH)
Bildhauerei_transmedialer Raum, Kunstuniversität Linz:
Christa Aistleitner / Daniela Pesendorfer (AT)
Miguel Gonzalez (AT)
Katharina Lackner (AT)
Rainer Nöbauer (AT)
Wolfgang Tragseiler/ Noemi Auer (AT)
Lina Vargas (CO/AT) / Georg Schobert (AT) / Wolfgang Bretter (AT)
Ursula Walchhofer (AT)
Roland Wegerer (AT)
Die Geschäfte und Locations
01 Hauptplatz
02 Tourist Information
03 Arcotel Nike
04 Sportalm Kitzbühel
05 Bluma
06 Bilder Prat GmbH
07 Allgemeine Sparkasse OÖ
08 Buchhandlung W. Neugebauer
09 Schachermayer
10 Geier Optik
11 Stoff Baumgartner
12 Neuf
13 Arkade
14 Ruby
15 Don Grande
16 Bellissima la Moda
17 Rosa Vogl Coiffeur
18 Hackl Lederwaren
19 Raiffeisenlandesbank OÖ
20 Kürmayr Schuhmode
21 Ursulinenkirche
22 Reisewelt GmbH
23 Xanaka
24 Esprit
25 Skribo
26 Peek & Cloppenburg
27 Leder Hausmann
28 Hervis Sportund Mode GmbH
29 Passage Linz
30 Eiler Schuhmode
31 Walter Drogerie
32 Fotolabor Fotopia
33 Horn Danceschool
34 Bilder Eigl
35 Veritas Buch- und Kunsthandlung
36 Reno Schuhe
37 C&A Mode
38 Oberbank
39 Furtner Juwelier
40 Thalia Buch- & Medien GmbH
41 Schiefer Berufsmode
42 Douglas
43 Mühlberger Mode GmbH
44 Penz Mode
45 Landa – Kinder-, Baby und Umstandsmode
46 Berndorfer Fußklinik
47 Casinos Austria Fassade
48 Blumen Studio Bauer
49 Austria Trend Hotel Schillerpark
50 Casinos Austria Passage
Die Projektpartner
O.K Centrum für Gegenwartskunst
Direktor: Martin Sturm
www.ok-centrum.at
Projektleiter: Rainer Jessl
Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH
Intendant: Martin Heller
www.linz09.at
Linzer City Ring
Management: Hildegard Weber
www.linzer-city.at