SUBJEKT / OBJEKT
Pressemitteilung
Dienstag, 13. Oktober 2009
Auch wenn der Zuschauer mit einer Bühnensituation konfrontiert wird, Videos projiziert werden und ein Performer in Aktion tritt, um Musiktheater, gar um eine Oper handelt es sich bei SUBJEKT / OBJEKT nicht. Der Komponist Christoph Herndler und der Künstler Markus Scherer thematisieren vielmehr die Aufführungssituation selbst, mit Texten des Schriftstellers Christian Steinbacher.
Auf der weiß ausgekleideten Bühne ist jeder Musiker zunächst Solist. Herndler versucht nun auszuloten, wie diese Individuen sich zu einem „orchestralen Ganzen“ verbinden, wie die Mosaiksteinchen sich zusammenfügen können. Das Changieren zwischen Solo und Ensembleverband wird dabei als permanentes Spannungsfeld aufrechterhalten. Es gibt keine klaren Regelungen, keine Hierarchien einzelner Stimmen in Form einer herkömmlichen Partitur und es gibt auch keinen ordnenden Dirigenten. Die Musiker spielen aus Notationsgrafiken. Die in quadratischen Feldern angeordneten Dreiecke sind auf vielfältige Weise lesbar und eröffnen so zunächst einen großen Raum von Möglichkeiten. Bei der Interpretation der Zeichen in der Partitur aber muss der Musiker sich festlegen und Entscheidungen treffen. Klingendes Resultat ist deshalb keineswegs die Unschärfe einer mehr oder weniger freien Interpretation, sondern eine konzentrierte Leseart. Das Zusammenspiel der Musiker muss sich dabei ständig neu erfinden.
Markus Scherer hat mit seinem Set dazu einen Rahmen gebaut, das den Raum, in dem die Musiker agieren, markiert und zum Thema macht. Scherer stellt den Instrumentalisten und Sängern, die selbst keine Rollen spielen und verkörpern, einen Performer an die Seite, der – als Harlekin geschminkt – so etwas wie den Prototyp eines Künstlers darstellt. An die Rückwand der Bühne werden Videos projiziert, in denen die Musiker als Privatpersonen in Freizeitkleidung zu sehen sind. Ein Zeichner hält die Bilder der Musiker fest – ihre Auftritte auf der Leinwand wie ein Gerichtszeichner protokollierend. Die Abfolge der Videos strukturiert die ca. 75-minütige Aufführung. In dem intermedialen Set werden Live-Situation und medial vermitteltes Agieren so vielfach aufeinander bezogen und ineinander gespiegelt. Christian Steinbacher hat poetische Texte auf der Grundlage von Material geschaffen, das theoretische Grundüberlegungen zur Versuchsanordnung SUBJEKT/OBJEKT spiegelt. Der Text umfasst ein weites Feld zwischen Naturwissenschaft und Philosophie wie etwa eine Begriffstabelle aus einer empirischen Studie über Objektbeziehungen von Tilmann Habermas, farbliche Beschreibungen von verschiedenen Gewebearten aus einem Pathologie-Lehrbuch und Auszüge aus dem Aufsatz „Der Ursprung des Kunstwerks“ von Martin Heidegger. Die multimediale und multiperspektivische Aufführungssituation erscheint wie gebündelt in einem Satz aus dem Epilog: „Es sind der Zentren viele, ´s kippt allemal“.
SUBJEKT / OBJEKT
20. Oktober 2009, 19.30 Uhr
Brucknerhaus Linz, Mittlerer Saal,
Untere Donaulände 7, 4020 Linz