Haus der Geschichten
Anna Katharina Laggner / Siegfried A. Fruhauf: ...und komm gut zurück!
Copyright: Siegfried A. Fruhauf
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Presse- und KünstlerInnengespräch
6. August 2009
Das Haus der Geschichten, ein leer stehendes Wohnhaus mitten in der Stadt, verändert sich stetig. Seit Kurzem erzählen zwei neue Installationen von prominenten VertreterInnen der jungen Linzer Medienkunstszene Geschichten vom Glück: Anna Katharina Laggner und Siegfried A. Fruhauf schwelgen melancholisch in Urlaubserinnerungen, dem gekauften Glück außerhalb des Alltäglichen. Alex Davies und Time´s Up hingegen schildern Ereignisse rund um einen möglichen Bewohner des Hauses und überraschen die BesucherInnen mit einem Spiel zwischen Realität und Fiktion.
Anna Katharina Laggner & Siegfried A. Fruhauf:
„…und kommt gut zurück! Momente rauschenden Glücks“
Eine Bild- und Toninstallation
Sonne, Meer, Strand – das alles wird als Glück verkauft. Wer es kauft, will es festhalten, mitnehmen, konservieren. Will Bilder haben von einem schönen Leben oder von dem, was man sich ein Jahr lang darunter vorstellt, um es dann auszuleben. Die Erinnerung ans Leben macht daraus wieder das Schöne. Fotos aus einer verfallenden Ferienanlage auf Mallorca: Im Swimmingpool ein grünbrauner Bodensatz aus Schlamm, daneben ein Rettungsreifen. Irgendwo im Raum ein Tisch. Es muss der Speisesaal gewesen sein für stürmische Tage – mit Blick aufs Meer. Die Bar ist leer. Hinter dem Tresen eine Pinnwand, schmierige Fotos auf schmierigem Kork. Sie erzählen vom Urlaub, von ein bisschen Ausgelassenheit, ein bisschen Exzess und Übermut. Sie sind still, verblassen an der Wand, rauschen wie das Meer, in Erinnerung an Partynächte. Die vergilbten Bilder im leeren, verfallenden Bauwerk sind wie ein dumpfer Nachhall von vollem Leben. Kleines Glück möchte man sagen, doch wer weiß das schon. Wenn es niemanden gibt, um die Bilder zu betrachten, sind sie eigentlich nicht da.
Vier dieser Fotos sind in zwei Räumen im Haus der Geschichten am Pfarrplatz angebracht, drei davon als Wand füllende Fototapeten. Angesichts der Flüchtigkeit von Zeit bringen sie kleine Geschichten von munterem Urlaubstreiben zutage und verbreiten heitere Melancholie. Meeresrauschen erfüllt die Räume, aus dessen Tiefe standardisierte Urlaubserzählungen und typische Postkartengrüße heraufschwappen.
Anna Katharina Laggner wurde 1977 in Graz geboren und lebt und arbeitet vor allem in Wien. Sie studierte Internationale Wirtschaftsbeziehungen in Eisenstadt, Prag und Gelsenkirchen. Seit 2004 ist sie freiberufliche Journalistin für FM4 und Ö1. Sie schreibt Film- und Literaturkritiken, Reportagen (u. a. aus Äthiopien, Georgien, Abchasien) und ist Regieassistentin bei Hörspielen. 2009 ist sie Stipendiatin des U.S.-Austrian Journalism Exchange Fellowships. Weiters ist sie als Radiotrainerin, Moderatorin, Wahlbeobachterin, Gestalterin von Hörstücken und Soundinstallationen für Ausstellungen und Festivals (Steirischer Herbst, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst Berlin, Phaenomenale Wolfsburg, uvm.) tätig.
Siegfried A. Fruhauf wurde 1976 in Grieskirchen (Oberösterreich) geboren und lebt und arbeitet in Linz und Heiligenberg. Er absolvierte eine Ausbildung zum Industriekaufmann. 1993 startete er Experimente mit Video und Film, diverse Arbeiten und Ausstellungen im Bereich Video, Film und Fotographie folgten seither. 2002 erhielt er den Förderpreis für Filmkunst des Bundeskanzleramts, 2004 bestand er die Diplomprüfung für experimentelle visuelle Gestaltung an der Kunstuniversität Linz. Er nahm an zahlreichen internationalen Filmfestivals (Festival de Cannes – Semaine Internationale de la Critique, Int. Filmfestival Venedig in der Reihe Nuovi Territori, Sundance Film Festival Park City, Int. Filmfestival Toronto, Int. Film Festival Rotterdam, uvm.) teil.
Alex Davies & Time´s Up:
„Häusliches Glück“
Die Wohnung im Hinterhaus des ersten Stockes scheint bewohnt, Spuren menschlicher Aktivität finden sich vielerorts. Wer hat hier gewohnt? Welche Beziehungen hatten die Menschen zu den Räumen? Zu ihren Nachbarn? Zum Haus? Zur Stadt Linz? Wie real war ihr häusliches Glück? Die Arbeit fragt nach den Spuren, die Menschen in Räumen hinterlassen. Erkennt man den Charakter einer Person an ihrem Lebensraum?
Alex Davies stammt aus Sydney und arbeitet derzeit mit Time´s Up in Europa und Australien. 2001 absolvierte er das Bachelorstudium of Fine Arts with Honours an der Universität von New South Wales, wo er derzeit als Doktoratskandidat eingeschrieben ist. Seit vielen Jahren arbeitet Alex Davies an der Forschung, Entwicklung und Präsentation von audiovisuellen Installationen. Der Bogen seiner Arbeit spannt sich über Film, Fotografie und räumliche Klanginstallationen.
Weitere Informationen zu Alex Davies finden Sie unter:
http://schizophonia.com
Time’s Up ist ein Laboratorium zur Schaffung experimenteller Situationen zwischen Kunst, Maschinen, Programmen und einem Alltag, der solche Herausforderungen laufend zu bewältigen hat. Zusammen mit internationalen SpezialistInnen (KünstlerInnen, ForscherInnen, BiomechanikerInnen, usw.) erzeugt das Künstlerkollektiv Situationen, die den Einfluss der Faktoren Biomechanik, Kontrolle und Wahrnehmung auf das Individuum untersuchen.
Die Gruppe wurde 1996 im Linzer Hafen gegründet und versucht, die gebräuchlich beschriebenen Grenzen von Kunst, Wissenschaft und Unterhaltung auszuweiten und die Disziplinen miteinander zu vernetzen. Die Arbeitsbereiche und Forschungsinteressen von Time‘s Up sind in den daraus entstehenden, interdisziplinären Spannungsfeldern angesiedelt. Untersucht werden die Verhaltensweisen des öffentlichen Individuums innerhalb modellierter Gesamtsituationen.
Die Beschreibung bekannter Alltagsbegebenheiten wird bewusst umgeformt, wodurch neue Wirklichkeiten entstehen. In der jeweiligen Verweildauer der BesucherInnen dienen diese leicht transformierten Alltagssituationen als aktuelle Öffentlichkeiten. Das aktiv körperliche Einbinden der Anwesenden in die Umgebungen erlaubt Time‘s Up (als auch den TeilnehmerInnen selbst) die Untersuchung von menschlichen und zwischenmenschlichen Verfahrensweisen. Als Untersuchungsobjekt etablierte sich über die letzten Jahre hinweg somit das öffentliche Individuum. Entlang der gegenseitigen Abhängigkeiten und Rückkoppelungen von Kontrolle und Wahrnehmung in Verbindung mit der Biomechanik (den antrainierten Automatismen), wird der Körper herausgefordert und erforscht.
Die jeweiligen Untersuchungsmethoden variieren innerhalb der gefertigten Situationen. Meist bewegen sie sich im Versuch der Vereinfachung von Zugangsweisen und Schnittstellen von Realität und Virtualität. Interfacedesign, das vorweg in seiner Funktion möglicherweise absurd anmutet, gewährleistet die Abschaffung der Bühne im herkömmlichen Sinne. Es ermöglicht ein Verschwimmen der Definition von „BesucherInnen“, die sowohl als AkteurInnen als auch BeobachterInnen interagieren können.
Ziel ist nicht banale Interaktivität, sondern die Eröffnung von wechselseitigen Abhängigkeiten. Die TeilnehmerInnen stehen im Mittelpunkt der Handlung und dominieren den Fortlauf der jeweiligen Situation.
Weitere Informationen über Aktivitäten und Forschungsergebnisse von Time‘s Up finden Sie unter:
www.timesup.org
HAUS DER GESCHICHTEN
Pfarrplatz 18, 4020 Linz
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 16.00 – 19.00 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertag: 14.00 – 18.00 Uhr
Tel.: +43 (0) 664/82 83 86 7
Eintritt frei!
Idee/Konzept // Linz09 / Martin Heller, Julia Stoff, Christine Weisser