PARADE klingt weiter
Presseinformation
Freitag, 8. Mai 2009
Insgesamt sind einige tausend Menschen den Musikanten aus aller Welt begegnet oder gefolgt und haben die Linzer Stadtlandschaft nicht nur musikalisch neu für sich entdeckt. Sie haben gleichzeitig selbst den Standort oder die Perspektive bestimmt, aus der sie diese Hörerfahrung machen wollen und damit ihre eigene Hörgeschichte geschrieben.
Die musikalische Wanderung startete am 1. Mai 2009 mit Hornmusik aus der Schweiz und aus Sansibar auf dem Lunaplatz in der architektonisch ambitionierten aber etwas eintönig geratenen SolarCity. Dabei wurde am dörflichen Brauch des Maibaum-Aufstellens angeknüpft, versteht sich der Stadtteil im Grünen doch als „Dorf in der Stadt“.
Ein erster musikalischer Höhepunkt war die Begegnung der vazierenden Musikgruppen auf dem Holzsteg über den Weikerlsee, der die Klänge aus und in alle Himmelsrichtungen über die Wasser trug. Der darauf folgende Zug in den Südpark endete buchstäblich unter Donner und Blitz in der Maschinenhalle von HMH Rubblemaster, wo ein interkulturelles Team von MedienkünstlerInnen einige Eindrücke vom Nachmittag visualisierte.
Völlig anders und ungewohnt entwickelte sich tags darauf die Landschaft des Linzer Stadthafens zum Klangereignis. Zum Auftakt bliesen die Schiffshörner gefolgt von den Alphörnern, herab von den Höhen der Lafarge Zementsilos. Dann stimmten die anderen Musikgruppen von den gegenüberliegenden Hafenanlagen in den Dialog ein, bevor sie musizierend vom Frachtkahn Siebnerin, dem Motorschiff Eduard und den Zillen der Berufsfeuerwehr auf den Trenndamm zur Donau und Standort des Publikums übergesetzt wurden. Schließlich zogen die Tonga MusikerInnen und Zumari Hornbläser ins Gelände der Linzer Schiffswerft wo sie von der Magistratsmusik Linz empfangen wurden. Deren weiterer Zug im geordneten Gänsemarsch durch die engen Werkshallen wurde kontrastiert vom chaotisch wirkenden Haufen der afrikanischen MusikerInnen, während das gemeinsame Spiel im ohrenbetäubenden Echo verschmolz. Das Bild stand für die ständig wechselnde und herausfordernde Balance von minimaler Struktur und dynamischem Chaos bzw. Bewegungsfreiheit, die die Choreografie der Parade insgesamt kennzeichnete.
Der Abend bei Time’s up ließ dann die Wahl zwischen der eindringlichen Robotermusik von The Trons aus Neuseeland und dem leiseren, improvisierten Zusammenspiel alter Volksmusik aus den Alpenländern und vom persischen Golf.
Der dritte Tag begann mit einer „Anspielung“ auf den Pöstlingberg mit den tranceartigen Zumari Hornklängen vom Lentos aus und setzte sich über die Nibelungenbrücke fort. Inzwischen sammelte sich bei herrlichem Ausflugswetter eine große Menschenmenge beim Petrinum, dessen Tore sich zum Innenhof öffneten, der von den durchziehenden Musikgruppen in dröhnende Schwingungen versetzt wurde.
Dann ging es über den Kreuzweg zur Umkreisung des 20er Turms am Fuß der Mayrwiesen, die noch nie so verschieden, so lieblich und gleichzeitig fremd geklungen haben. Beim Abschluss der Parade auf dem Vorplatz der Wallfahrtskirche auf dem Pöstlingberg war aus dem Neben- und Ineinander verschiedener Musikwelten bereits ansatzweise ein Miteinander entstanden, das von einer „böhmischen Partie“ des örtlichen Musikvereins Pöstlingberg eingeleitet wurde.
Die Resonanz der Parade bei MusikerInnen und Publikum war überwältigend einhellig: das war eines der Highlights von Linz09 bisher. Und sie klingt weiter. Eine umfangreiche Dokumentation wird bearbeitet und verdichtet präsentiert werden, nicht zuletzt auch an einigen Herkunftstorten der MusikerInnen. Etliche Einladungen und Projekte der weiteren Zusammenarbeit zwischen den MusikerInnen sind zustande gekommen.
Vor allem aber hat sich der Horizont von Linz neuerlich und nachhaltig über den europäischen Tellerrand erweitert: die Stadt hat so geklungen, wie sie immer schon klingen wollte, weltoffen und international vernetzt.