Aktienkeller „Strom des Vergessens“
Die Ausstellung
Der Aktienkeller, eine weitläufige historische Stollenanlage unter dem Botanischen Garten wird mit 25 Arbeiten internationaler Künstler und Künstlerinnen bespielt, die den Verlust des privaten oder politischen Gedächtnisses zum Thema haben. Ein 4000 m2 großer leerstehender Teil des Stollens wurde extra für die Ausstellung erschlossen. Ein Rundweg führt durch die weitverzweigte Anlage mit mächtigen, bis zu sechs Meter hohen Gängen und endet nach einem spektakulären Aufgang im Botanischen Garten. Die BesucherInnen können sich auf diesem Parcours selbständig bewegen. OK Kunstauskunft steht vor Ort zur Verfügung; Rundgänge durch die Ausstellung und den Limonistollen werden regelmäßig angeboten.
Geschichte der Linzer Stollenanlagen
Es gibt rund 40 Stollenanlagen in Linz, der Aktienkeller und der Limonistollen gehören zu den Größten. Die Fläche der Stollen beträgt insgesamt ca. 53.000 Quadratmeter (= sieben Fußballfelder); die Gesamtlänge 14 Kilometer (=Arlberg Tunnel). Die Geschichte der Linzer Stollen beginnt mit der Bierbrauerei. Ende des 19. Jahrhunderts wurde u. a. der „Aktienbraukeller“ für die Nachgärung und Lagerung des Bieres angelegt. Erst im Nationalsozialismus wurde das Linzer Stollensystem großflächig und systematisch als Luftschutzanlage ausgebaut; für die Bauarbeiten wurden auch Häftlinge des KZ Mauthausen eingesetzt. Der Aktienkeller war auf 8.800 Personen ausgelegt; ab 1944 waren hier auch Produktionsstätten der Kriegsindustrie untergebracht.
Das Thema der Ausstellung
Erinnern und Vergessen sind ein Zwillingspaar, das unsere Kulturgeschichte zutiefst geprägt hat. Seit dem alten Griechenland stehen sich Mnemosyne, die gefeierte Göttin des Gedächtnisses und Lethe, ihre graue Schwester des Vergessens, in kämpferischer Haltung gegenüber und haben sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem nahezu unentwirrbaren Knäuel verstrickt.
So ist auf der einen Seite unsere jüdisch-hellenisch-christliche Kultur zutiefst als „Gedächtniskultur” fundiert. Ebenso alt ist auf der anderen Seite die Sehnsucht des Subjekts, die Wunden der Vergangenheit im Strom des Vergessens „Lethe“ zu baden. „Glücklich ist, wer vergisst“ – im geflügelten Wort des Alfred aus der Operette „Die Fledermaus“ hat dieser Wunsch eine populäre, weinselige Ausprägung gefunden. Aber auch die moderne Wissenschaft beschäftigt sich mit der Fähigkeit des Gehirns, Dinge vergessen zu können. „Die Summe unserer Erkenntnis besteht aus dem, was wir gelernt, und aus dem, was wir vergessen haben“, wusste schon Maria von Ebner-Eschenbach.
Mit der Einführung des Begriffes der Verdrängung durch die Psychoanalyse wurde die Sichtweise entscheidend erweitert. Besondere Dramatik und politische Brisanz gewinnt die Debatte um das Erinnern, Verdrängen und Vergessen vor dem Hintergrund der Ausrottungsversuche ganzer Völker im Nationalsozialismus.
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