Linz liegt zwischen Liverpool und Essen
Copyright: Stadtkommunikation Linz
Ulrich Fuchs, Leiter der Programmentwicklung bei Linz 2009, berichtet über eine Reise in die Kulturhauptstadt Europas 2008 Liverpool.
Liverpool 08 – European Capital of Culture – im März 2003 konnte sich Liverpool in einem hart geführten nationalen Ausscheidungswettbewerb überraschenderweise durchsetzen. Viele Expertinnen und Experten in England hatten mit Newcastle gerechnet. Sir Bob Scott, der die Bewerbung Liverpools gegenüber der nationalen Jury leitete, ist davon überzeugt, dass die starke Begeisterung der „Liverpudlians“ für die Jury den Ausschlag zugunsten der nordenglischen Hafenstadt gab.Ulrich Fuchs, Leiter der Programmentwicklung für Linz 09, war vom 9. bis 11. Juni 2006 in Liverpool, um Eindrücke zu sammeln, Gespräche mit den Verantwortlichen der Liverpool Culture Company zu führen und erste Ideen über Kooperationen zwischen Linz und Liverpool auszutauschen.
„Als erstes fallen mir die Unterschiede zu Linz auf: Die Stadt ist mehr als zweimal so groß wie Linz, liegt direkt am Meer, der mächtige Mersey ist noch immer einer der bedeutendsten europäischen Häfen für den Handel mit den USA, Aus- und Einwanderung bestimmten und bestimmen Geschichte und Gegenwart der Stadt. Zugleich gibt es zwischen Linz und Liverpool Vergleichbares: Ich erinnere mich gut an das halbe Jahr, das ich als 16jähriger Austauschschüler in Liverpool verbrachte. Auch wenn das Interesse damals mehr den Beatles galt (zumal meine Gastfamilie next to Penny Lane lebte), war das Ausmaß der Krisenstimmung der Stadt nicht zu übersehen. Ganze Industriezweige brachen zusammen, hohe Arbeitslosigkeit, tristes Stadtambiente, wenig touristische Ausstrahlung. Und heute: die Stadt hat sich enorm gewandelt, hat ganz offensichtlich die Krisenjahre durchschritten, überall wird investiert, besonders stark auch in Kultur als Faktor der Stadtentwicklung. In den alten Hafendocks hat sich eine „creative industrie“ angesiedelt, die der Stadt bereits partiell zu einer anderen Identität verholfen hat.
In den Gesprächen mit Barbara King, Neil Peterson, Kris Donaldson und anderen wird deutlich: Die Kolleginnen und Kollegen der Liverpool Culture Company sehen Kulturhauptstadt ähnlich wie wir – als Stipendium für den nächsten Entwicklungsschritt, nicht als Auszeichnung für den bereits zurückgelegten (erstaunlichen) Weg.
Zugleich wird mir in den Gesprächen aber auch die unterschiedliche Größenordnung unserer Projekte deutlich: Die Liverpool Culture Company verfügt über ein Gesamtbudget von 135 Millionen Euros, die acht Hauptsponsoren von Liverpool 2008 tragen je 3 Millionen Euro privates Kapital bei, das Team arbeitet zur Zeit (18 Monate vor der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres) mit ca. 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Die Linzer Rahmenbedingungen sind da in jeglicher Hinsicht bescheidener – aber nicht weniger ambitioniert! Über das, was Kultur als Motor der Stadtentwicklung bewirken kann, kamen wir uns in den Gesprächen sehr schnell nahe. Und wir vereinbarten, die gegenseitigen Erkundungen fortzusetzen, nach gemeinsamen Projekten Ausschau zu halten, an einer Art „Staffelübergabe“ von 2008 nach 2009 zu arbeiten.
Und nun kommen in der zweiten Junihälfte die Essener und Ruhrgebietler zu einem Erkundungsbesuch nach Linz. Da wird es um ähnliche Themen gehen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ausgangslagen sollen ausgelotet werden.
Linz liegt zwischen Liverpool und Essen, in interessanter Nachbarschaft also – eine große Herausforderung, um die eigenen Stärken nach vorne zu spielen!“