Basketball ist in Litauen mehr als Sport
Kollektiver Freudentaumel anlässlich der Bronzemedaille bei der EuroBasket und weitere Neuigkeiten aus Vilnius
Nach tageweise auch in Litauen über 30 Grad heißen Ferienmonaten, die viele Litauer am Ostseestrand und in der Sommerhauptstadt Palanga genossen, folgten mit der EuroBasket zwei heiße Septemberwochen für Basketballfans – also für (fast) alle Litauer. Basketball ist in der größten Baltenrepublik mehr als nur Sport, kommt einer Religion gleich. Und die zwölf litauischen Korbjäger mit ihrem charismatischen Šarūnas “Šaras” Jasikevičius spielten sich mit nur einer Niederlage (Halbfinale gegen den späteren Goldmedaillengewinner Russland) bei der 35. Basketball Europameisterschaft in Spanien gegen Titelverteidiger und Vize-Weltmeister Griechenland mit 78:69 zur Bronzemedaille. Bronza mūsų – die Bronzene ist unser – titelte das litauische Fernsehen. Eine Nation im kollektiven Freudentaumel: Tausende stürmten nach dem Schlusspfiff Sonntagabend jubelnd auf die Straßen und Plätze der Vilniusser Altstadt. Bürgermeister und Vizebürgermeister empfingen die Bronzenen Montagnacht am Flughafen. Bei der anschließenden mitternächtlichen Willkommensfeier - kurzfristig von Stadtverwaltung Vilnius und Litauischem Sportdepartement an der Baltasis tiltas (Weißen Brücke) an der Neris organisiert – feierten rund 15.000 Fans bis in die Morgenstunden ihre Ballhelden mit Fahnen, Lietuva- und Aèiû (Danke)-Rufen und sangen gemeinsam mit ihnen immer wieder die Basketballhymne „Trys milijonai“ (Wir sind nur drei Millionen, geben aber nie auf…). Traditionsgemäß wurden Spieler und Betreuer mit Eichenlaubkränzen geehrt. Staatspräsident Valdas Adamkus zeichnete Spieler und Betreuer am folgenden Nachmittag mit Orden und Urkunden aus, Premierminister Gediminas Kirkilas übergab Teamkapitän Ramūnas Šiškauskas einen Prämienscheck über eine Million Litas (290.000 Euro). Litauen – Europameister 1937, 1939 und 2003 – qualifizierte sich mit dem 3. Platz direkt für das Olympiaturnier im nächsten Jahr in Peking. 2011 wird Litauen Gastgeber der Basketball-Europameisterschaft sein.Druckfrische Herbstneuigkeiten aus dem Vilniusser Kulturhauptstadt-Büro: Soeben ist ein 128-Seiten „Vilnius – European Capital of Culture 2009. Cultur Live. Handbook“ in englischer Sprache erschienen. In zwölf Monatsstationen präsentiert der mit Schwarz-Weiß-Fotos bereicherte Band einige Kulturhauptstadt- und Milleniums-Ereignisse 2009 und führt mit Informationen über Kultur, Persönlichkeiten und Besonderheiten aller Art durch die Stadt Vilnius. Monatliche Ideenpostkarten laden Interessenten ein, ihre Kulturhauptstadt-Projektvorschläge einzubringen.
Der Jahresreigen der Vilnius 2009-Projekte beginnt unter anderem mit „4A“ – Kunst und Kultur aus den vier Kontinenten Amerika, Asien, Afrika, Australien (Jänner) und setzt sich fort mit „Icy Baroque“, Vilnius’ prägendster Baustil in Eisform (Februar), und in moderner Technologie „Electronic Barock“ (Oktober). Dem Ruf als „Jazz-Stadt“ – neben Klaipėda, Kaunas, Birštonas – wird Vilnius im März mit der Konzertreihe „Europäischer Jazz“ gerecht. Bevölkern im April 2009 rund 1.500 Pfadfinder aus ganz Europa den Vilniusser Vingis Park, spielen im Mai am Tag der Straßenmusik Hunderte Musikanten auf. Das 1. Internationale Opernfestival sieht das legendäre St. Petersburger Mariinskij (Kirov) Theater ebenso als Gast in Vilnius wie die Neue Israel Oper, Experimentaloper steht ebenso auf dem Programm wie Barockoper (Juni). Erstmals werden in einer Ausstellung Werke von Litauens Ausnahmekünstler Mikalojus Konstantinas Čiurlionis (1875-1911) im Kontext bekannter Zeitgenossen gezeigt. Im Juli 2009 inszeniert Oskaras Koršunovas, derzeit der international bekannteste litauische Theaterregisseur der jüngeren Generation (geboren 1969), ein Licht- und Wasserspektakel, das die Geschichte der Stadt Vilnius von der Gründung bis zur Gegenwart visualisiert. Oskaras Koršunovas ist unter anderem mit der Open-air-Inszenierung „Fairytales in Landscape“ in Stavanger, der Europäischen Kulturhauptstadt 2008, vertreten. Exemplarisch für die Kulturhauptstadt 2009 steht der 3. Weltkongress der litauischen Juden (Litwaken) im August. Den Glanzpunkt des Vilnius-Linz-Kooperationsfilmfestivals „Scanorama“ und „Crossing Europe“ stellt Carl Theodor Dreyers Stummfilm „La Passion de Jeanne d’Arc“ (1928) mit Beteiligung litauischer Gegenwartskünstler (November) dar. Im Rahmen der „Europäischen Weihnachen 2009“ wird der Kulturhauptstadt-Titel feierlich an die Europäischen Kulturhauptstädte 2010 Essen, Pécs und Istanbul „übergeben“. Ab 1. Oktober dieses Jahres ist dieser erste Vilnius-Kulturhauptstadt-Leitfaden in den Sprachen Litauisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch und Russisch über www.vilnius2009.lt per Internet kostenlos bestellbar.
Übrigens: Unter dem Motto „Be2gether – Musik öffnet Grenzen“ begeisterten 30 Bands der Rock- und Alternativ-Szene, unter ihnen internationale Stars wie Bloodhound Gang und Morcheeba, Ende August im litauischen Norviliškės direkt an der weißrussischen Grenze rund 8.000 Zuhörer, darunter viele Weißrussen mit der verbotenen historischen weiß-rot-weißen Flagge. Weißrussische Besucher erhielten für das erste dreitägige Rockfestival dieser Art im Baltikum in einem vereinfachten Verfahren verbilligte Visa. Das von Vilnius 2009 unterstützte Festival soll fortgesetzt werden mit dem Ziel, es im Kulturhauptstadtjahr auf einer grenzüberschreitenden Zwei-Länder-Bühne rocken zu lassen.